CFO Insights mit Michael Kuntz von Pitch
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CFOs in Startups: Interim oder permanent?
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Das SaaS-Startup Pitch ist eine Software-Plattform für Präsentationen. CFO Michael Kuntz spricht mit uns über seinen Weg als Chief Financial Officer und die Arbeit beim Startup Pitch.
Startup-Steckbrief:
Name: Pitch
Gründungsjahr: 2018
Standort: Berlin
Branche des Tools: Presentation Software
Kurzbeschreibung des Tools: Pitch ist eine kollaborative Präsentationssoftware für moderne Teams.

Chief Financial Officer verwalten die finanziellen Belange in einem Unternehmen. Doch es steckt viel mehr hinter diesem Job, als die deutsche Bezeichnung "Kaufmännischer Geschäftsführer" vermuten lässt. Anstatt nur mit Zahlen und Excel-Tabellen zu jonglieren, wirken CFOs als Strategen in der Unternehmensführung mit. Auch immer mehr Startups holen sich diese Expertise ins Haus - durch Interim CFOs.
Mit der Reihe "CFO Insights" stellen wir CFO-Persönlichkeiten aus unserem nugrow Partner- und Kooperationsnetzwerk vor und sprechen mit Expert*innen aus der deutschen Finance-Branche über ihre Karriere, Herausforderungen und Ziele.
Michael Kuntz ist CFO bei Pitch, einem Tool für kollaborative, kreative Präsentationen.
In zahlreichen Finanzierungsrunden hat Pitch bis heute 137,7 Millionen Dollar an Fremdkapital erhalten und sagt so dem internationalem Marktführer von Microsoft den Kampf an.
Also was macht ein CFO in einem so stark wachsenden Startup? CFO Insights mit Michael Kuntz von Pitch.
Im Gespräch mit Michael Kuntz von Pitch:
1. Hallo Michael, danke, dass du dir Zeit für ein Interview mit uns genommen hast. Stelle dich und deine aktuelle Position bei Pitch bitte einmal kurz vor.
Mein Name ist Michael Kuntz, ich komme aus und lebe in der schönen Pfalz an der Grenze zu Frankreich. Ich bin seit knapp sechs Jahren im Tech Startup Umfeld unterwegs - die letzten zwei Jahre davon komplett remote.
Nach dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der TU München sowie Finance & Economics an der LSE in London, habe ich meine berufliche Karriere zunächst in der strategischen Unternehmensberatung begonnen. 2016 habe ich dann den Schritt in die Startup Welt begonnen, zunächst als eine Art "Chief of Staff" beim Fitness App Anbieter Freeletics. Im September 2016 habe ich mich dann dem heutigen HR Tech Unicorn Personio als Mitarbeiter Nummer 10 angeschlossen und als Teil des Management Teams dabei geholfen, das Unternehmen auf mehr als 850 Mitarbeiter und Umsätze im mittleren zweistelligen Millionenbereich zu skalieren. Neben der Verantwortung diverser Finanzierungsrunden und der Akquisition einer spanischen Firma habe ich zudem die Bereiche Finance, Legal und Analytics verantwortet und Team, sowie Prozesse aufgebaut.
Seit Juli 2021 bin ich CFO bei dem Presentation Management Platform Provider Pitch. Pitch hat es sich zur Aufgabe gemacht, weltweit die erste ganzheitliche Plattform für Präsentationen zu bauen und damit die Art und Weise, wie wir intern wie extern über Präsentationen oder andere Medien kommunizieren zu revolutionieren. Als CFO verantworte ich klassisch alle Themen rund um Finanzen und Recht, sowie aktuell das Thema Vertrieb. Zudem bin ich Teil des Executive Teams.
2. Warum wolltest du Chief Financial Officer werden und wie hat dich dein Karrierepfad dorthin geführt?
Chief Financial Officer zu werden war sicher keine Berufung von Kindesbeinen an für mich. Als Kind von zwei Gymnasiallehrern war die freie Wirtschaft für mich lange Zeit eher ein Mysterium.
Während meines Studiums habe ich dann viele unterschiedliche Unternehmen und Funktionen kennengelernt und mich ausprobiert.
Meine berufliche Karriere habe ich dann dennoch erst einmal als Generalist in der Unternehmensberatung begonnen und unterschiedliche Industrien, Unternehmen und funktionale Bereiche kennengelernt.
Den Absprung aus der Beratung habe ich dann Ende 2015 zu Freeletics nach München geschafft. Dort habe ich in kürzester Zeit die Vorzüge der Arbeit in Startups kennengelernt und in wenigen Monaten viele Projekte in den unterschiedlichsten Bereichen anschieben dürfen.
Mir war es schon immer wichtig, einen direkten Einfluss auf die Entwicklung meines Umfelds zu haben und tagtäglich zu sehen, dass ich mit meiner Arbeit etwas bewirke. Zudem hängen meine Stärken und Interessen schon immer stark mit strategischen und analytischen Themen zusammen. All dies vereint für mich die Arbeit des CFO.
3. Was überrascht dich immer wieder in deinem Alltag als CFO?
Das Spannende an meiner Rolle als CFO in einem schnell wachsenden Unternehmen ist, dass es eigentlich nicht wirklich einen Alltag gibt.
Gerade in der Skalierungsphase eines Unternehmens stehen ganz unterschiedliche Themen auf der Agenda. Dazu gehören zum Beispiel:
- Aufbau und die Entwicklung des eigenen Teams
- Definition und kontinuierliche Verbesserung von Prozessen
- Einführung neuer Tools
- Definition von KPIs
- technische Umsetzung der KPIs
- Aufbau einer angemessenen Planungs- und Reporting-Infrastruktur
Zudem kommen die enge Zusammenarbeit mit Legal und HR beim Aufbau von skalierbaren Prozessen rund um Hiring, Compensation oder auch von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen dazu. Zu guter Letzt ist die Entwicklung einer gemeinsamen Vision, kulturellen Identität und Strategie gemeinsam mit dem restlichen Company Leadership ein zentraler Punkt meiner Arbeit.
Kein Tag ist wie der andere, und es vergeht kaum eine Woche, in der nicht ein unerwartetes, neues und spannendes Projekt auf die Agenda kommt.

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4. Welche drei Eigenschaften braucht ein moderner CFO?
Heutzutage muss ein CFO weit über die klassischen Verantwortlichkeiten hinaus agieren können und somit ein viel breiteres fachliches wie persönliches Profil anbieten.
Es reicht nicht mehr aus, nur Expertise im Bereich Controlling oder Buchhaltung zu haben.
Vielmehr ist es wichtig, eine strategische Weitsicht zu haben und dem Geschäftsführer und dem übrigen Company Leadership Team bei der Festlegung der Unternehmensstrategie zu unterstützen und diese mit belastbaren Daten zu unterfüttern.
Um auf Augenhöhe mit den anderen Stakeholdern und Geschäftsbereichen zusammenzuarbeiten, sollte ein moderner CFO ein tiefes Verständnis für die Bereiche entwickeln und echtes Interesse mitbringen. Das wichtigste Credo für mich in diesem Zusammenhang ist immer, dass ich Wert für die Organisation und meine Ansprechpartner im Leadership Team generieren möchte und ihnen bei der Erreichung ihrer und der mit der Organisation im Einklang stehenden Ziele, behilflich sein möchte.
Um das Bild der Finanzabteilung innerhalb des Unternehmens zu verbessern und einen echten Mehrwert für das Unternehmen zu schaffen, ist es zudem wichtig, dass der CFO proaktiv ist, nah am Puls der Organisation agiert und lösungsorientiert handelt.
Zu guter Letzt ist als Führungskraft nach innen wie nach außen wichtig, dass man emphatisch ist und situativ auf die Bedürfnisse der anderen Stakeholder eingeht.
5. Findest du, dass sich die Rolle des CFOs in den letzten Jahren gewandelt hat?
Auch wenn ich noch nicht auf 20 Jahre in einer führenden Funktion im Finanzbereich zurückblicken kann, so sehe ich in den letzten Jahren durchaus einen Wandel.
Noch immer besteht häufig das Bild eines CFOs darin, Mahner und Bremser und derjenige zu sein, der den Geldbeutel zusammenhält und auf die Zahlen schaut. Und je nachdem, wo sich das Unternehmen befindet, ob es kurz vor der nächsten Finanzierung oder sogar der Insolvenz steht oder ob aufgrund der Marktsituation Spannungen und ein Rückgang der Nachfrage zu erwarten sind, kann und muss das auch noch immer Teil der Rolle sein.
Mittlerweile ist ein CFO jedoch viel mehr.
- Ein CFO muss gleichzeitig Stratege und Operator sein, das große Ganze sehen, aber auch auf Grasnarbenebene abtauchen, wenn der Blick fürs Detail erforderlich ist.
- Ein CFO muss proaktiv sein, relevante Themen in und um seinen Bereich herum identifizieren und diese offen im Leadership Team ansprechen.
- Ein CFO muss seine Rolle als Business Partner in Zusammenarbeit mit den anderen Bereichen im Unternehmen sehen und immer die Wertkreierung für das Unternehmen über eigene Interessen des Finanzbereichs in den Vordergrund stellen. Dennoch muss er natürlich im Blick haben, wenn Themen aus dem Ruder laufen und eine Kurskorrektur vorgenommen werden muss.
Zuletzt muss ein CFO sein eigenes Team mehr und mehr in den Vordergrund stellen und Coach, Motivator und Mentor zugleich sein. Die Anforderungen an den Finanzbereich wachsen zeitgleich mit denen des CFOs, gleichzeitig wird das Talent immer knapper. Umso wichtiger ist es, dass der CFO es schafft, als Leuchtturm für seinen Bereich gutes Potenzial zu identifizieren, zu rekrutieren, zu entwickeln und dadurch an sich und das Unternehmen zu binden.
6. Wann ist deiner Meinung nach der richtige Zeitpunkt einen Interim CFO für sein Startup einzustellen?
Generell erachte ich es für jedes Unternehmen in der Wachstumsphase für essentiell, früher oder später einen CFO einzustellen, der das Wachstum strukturieren und dafür sorgen kann, Prozesse sauber und skalierbar aufzusetzen und das Unternehmen strategisch wie operativ auf das nächste Level zu bringen.
Die Frage, ob dies zunächst interim oder direkt permanent sein sollte, hängt aus meiner Sicht von vielen Faktoren wie der vorhandenen Expertise im Gründerteam, dem Business Model und auch der Finanzierungssituation ab. Generell kann eine Interimslösung immer dann eine gute Überbrückung sein, wenn gewisse Basics bereits vorhanden sind und es vor allem kurzfristig darum geht, das Unternehmen bis zur nächsten Finanzierungsrunde zu bringen. So kann sich die Geschäftsführung auf strategische Themen fokussieren und der Interim CFO den Fundraising Prozess unterstützen.
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7. Was machst du zuerst, wenn du in ein neues Startup kommst?
Das hängt natürlich stark vom Stage des Unternehmens und Setup ab.
Habe ich ein Team oder muss ich dringend ein Team aufbauen?
Gibt es dringende Themen oder Blocker, die ich lösen muss?
Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, mir im Vorfeld meines Einstiegs schon einen guten Überblick zu verschaffen und die Key Stakeholder in und um die Organisation herum abzuleiten, damit ich ein Gefühl für den Puls der Organisation und die Prioritäten bekomme.
Auf dieser Basis definiere ich einen 90-Tages-Plan mit all den To Dos und Deliverables, die wichtig sind, um erfolgreich in die Rolle zu starten. Diese versuche ich möglichst früh mit der Geschäftsführung und anderen Sparringspartnern abzustimmen, um sicherzustellen, dass ich in die richtige Richtung laufe.
Neben der erfolgreichen Umsetzung von Projekten und der Ableitung einer längerfristigen Vision und Strategie für meinen Bereich ist es aus meiner Sicht mit am wichtigsten, starke Beziehungen mit den wichtigen Ansprechpartnern in der Organisation, dem Führungsteam, aber auch den Investoren, aufzubauen.
Daneben versuche ich, frühzeitig Quick Wins zu identifizieren und möglichst schnell messbare Erfolge zu erzielen.
Denn am Ende des Tages werde ich nicht daran gemessen, ob ich der Meinung bin, dass ich die richtigen Themen adressiert habe. Sondern ich werde daran gemessen, ob ich das Unternehmen möglichst schnell nach vorne bringen kann.
8. Welche Trends in Sachen Finance Tools beobachtest du?
Leider ist der Bereich Finanzen aus meiner Sicht immer noch einer der am wenigsten digitalisierten Bereiche und die All-in-One Software für alle notwendigen Finance Prozesse gibt es leider nicht.
Dennoch hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Im Großen und Ganzen sehe ich dabei zwei Trends, zum einen in Richtung industriespezifische Lösungen wie beispielsweise Xentral mit ihrem eCommerce ERP System oder Insellösungen, die ein ganz spezifisches Problem lösen wollen. Spend- und Expense Management, Subscription/ Billing Management, Procurement-as-a-Service, aber auch Liquiditätsmanagement, Planung und Reporting sind hier sicherlich die aktuell spannendsten Bereiche.
Ein damit einhergehender Trend ist sicherlich auch der zunehmende Fokus über die Grenzen des klassischen Finanzbereichs hinaus. Für ein gutes Finance Tool reicht es nicht mehr aus, nur die Bedürfnisse des Finanzbereichs zu adressieren, sondern es muss ebenso sicherzustellen, dass es bereichsübergreifend einen Mehrwert bieten und für Stakeholder, die weniger Erfahrung mit Finanzthemen haben, einfach verständlich und nutzbar ist. Nur so kann es dem CFO auch dabei behilflich sein, die avisierte Rolle eines Business Partners für das Unternehmen wahrzunehmen.
9. Kannst du Gründer*Innen von Startups eine Software (SaaS) für ihre Finanzen empfehlen?
Die Tool-Landschaft im Finanzbereich ist nach wie vor extrem fragmentiert. So nutzen die meisten Startups in den Anfängen eine für den Steuerberater passende Buchhaltungslösung wie Datev und für ihre eigenen Zwecke je nach Industrie und Wachstumsphase ganz unterschiedliche Lösungen.
Je nach Finanzierungssituation und avisiertem Wachstum würde ich so früh wie möglich auf eine Finance ERP Lösung wie Netsuite oder Workday Financials setzen. Konkret hängt das aber auch von der Komplexität des Geschäftsmodells wie beispielsweise der Notwendigkeit einer Lagerhaltung oder der Anzahl der zur Mutter gehörenden Tochtergesellschaften ab. Ansonsten sind gängige Lösungen für Strukturierung der vorbereitenden Buchhaltung und Verbesserung des dezentralen Ausgabenmanagement Tools wie Spendesk, Pleo oder auch Finway.
Wenn es um Tools für die Planung und das Reporting geht, sind zwar Excel und Google Sheets noch immer “State-of-the-Art”, dennoch gibt es mittlerweile auch spannende Lösungen wie Pigment oder Abacum.
Wenn es um Themen wie Subscription Management und Billing geht, habe ich sehr gute Erfahrungen damit gemacht, alle Prozesse rund um Stripe aufzubauen, aber auch Lösungen wie Chargebee können gut funktionieren, wenn sie von Anfang an richtig implementiert und die Prozesse von Anfang bis Ende darauf abgestimmt sind. Für das Thema Procurement-as-a-Service kann ich beispielsweise das Team und die Lösung von Sastrify wärmstens empfehlen.
10. Was sind deine Short-Term-Goals für Pitch?
Im Jahr 2022 liegt unser Fokus im Bereich Finanzen voll auf der Professionalisierung und Verbesserung unserer Prozesse. Nachdem diese Themen in den ersten Jahren vor meiner Zeit etwas vernachlässigt wurden, müssen wir hier nachlegen, um bereit für das geplante Wachstum zu sein.
Ansonsten möchten wir uns auf zwei weitere Themen fokussieren: gemeinsam mit unserer Personalabteilung daran arbeiten, unser Setup und unsere Prozesse so zu justieren, dass wir erfolgreich unsere Vision einer „Remote First“ Company erreichen können. Außerdem wollen wir gemeinsam mit unseren Go-to-Market Funktionen unser Wachstumsmodell plan- und skalierbar entwickeln und dadurch unsere internationale Marktpräsenz stark auszubauen.